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“Freiheit im Quadrat”: Zur Funktion der Form bei Bas Böttcher
In seinem Aufsatz in der “Junge Lyrik”-Ausgabe von Text + Kritik setzt sich der Lyriker und Literaturkritiker Jan Wagner mit zwei Tendenzen auseinander, die in letzter Zeit “der jüngeren deutschsprachigen Lyrik nachgesagt, wenn nicht zum Vorwurf gemacht wurden: eine zur Formlosigkeit und eine zum Formalismus” (53). Demnach erstrecke sich die poetische Landschaft zwischen zwei formalen Extrempunkten: In den gestaltlosen Sümpfen der Formlosigkeit vermag der Dichter seinen schöpferischen Tätigkeiten nachzugehen – frei von den einschränkenden Regeln einer lyrischen Instanz, der sein Pendant in der staubtrockenen Steppe des Formalismus unterliegen muss. Nach diesem Modell bilden Formlosigkeit und Formalismus zwei sich ausschließende formale Kategorien, entgegengesetzte Enden einer linearen Skala, die sich asymptotisch annähern, doch nicht überschreiten lassen. Plädiert denn der Lyriker Bas Böttcher in seiner jüngsten Publikation, Die Poetry-Slam-Expedition, für den freien Vers (38), so verdächtigt man ihn einer Tendenz zur poetischen Formlosigkeit, und folglich wirkt dies wie eine Absage an die Metrik. Doch wie lässt sich dieses Plädoyer mit seiner Aussage an anderer Stelle versöhnen, er sei kein Freund der freien Form, oder gar mit der Erkenntnis, dass seine Texte eine unverkennbare formale Strenge aufweisen, die auf sowohl zeitgenössische als auch klassische Vorlagen zurückgeht? (Badger 319–20). Diesen Fragen nachgehend, zeigt vorliegender Aufsatz, dass für Böttcher kein lineares Modell der Form herrscht, das einer Entweder-oder-Struktur unterliegt, sondern ein konzentrisches, das ein Sowohlals- auch zulässt. Im Anschluss daran setzt er sich mit der Funktion des differenzierten formalen Gerüsts, das sich in den verschiedenen “Aggregatzuständen” Böttchers Texte sichtbar bzw. spürbar macht. Böttcher vergleicht die verschiedenen lyrischen Erscheinungsformen (geschrieben, gesprochen / performt u. auswendig gelernt) mit den Aggregatzuständen von Wasser, das jeweils in fester, "üssiger, oder auch gasförmiger Form vorliegen kann (“Neugier genügt”).
History
Publication title
Seminar: A Journal of Germanic StudiesVolume
48Pagination
240-253ISSN
0037-1939Department/School
School of HumanitiesPublisher
Univ Toronto Press IncPlace of publication
Journals Division, 5201 Dufferin St, Downsview, Toronto, Canada, On, M3H 5T8Rights statement
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